Ortsname Nunkas

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Meine Familie stammt aus Nunkas. Der Ort ist wohl slawischen Ursprungs, seit 1008 urkundlich nachweisbar, wurde 1938 aufgelöst und liegt als Wüstung jetzt im Gebiet des Truppenübungsplatzes Grafenwöhr.

Nunkas wurde in früheren Urkunden auch als Namegast bezeichnet. Es wurde zuletzt umgangssprachlich "Unkas" genannt.

Nunkas soll ein genetivischer Ortsname sein, in dem ein slawischer Personennamen steckt. Nunka kommt in Russland als weiblicher Vorname vor. Die Endung -as könnte der Rest eines Lokalsuffixes sein. Die Abhandlung von Josef Jirecek "Reste des Lokalsuffixes -as und -ach in deutschen Umbildungen slawischer Ortsnamen" (Archiv für slaw. Phil. II) ist mir allerdings nicht zugänglich.

Kann mir jemand mit der Bedeutung des Ortsnamens Nunkas weiterhelfen?

Danke.

Isigusa

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isigusa schrieb:

Meine Familie stammt aus Nunkas. Der Ort ist wohl slawischen Ursprungs, seit 1008 urkundlich nachweisbar, wurde 1938 aufgelöst und liegt als Wüstung jetzt im Gebiet des Truppenübungsplatzes Grafenwöhr. Nunkas wurde in früheren Urkunden auch als Namegast bezeichnet. Es wurde zuletzt umgangssprachlich "Unkas" genannt. Kann mir jemand mit der Bedeutung des Ortsnamens Nunkas weiterhelfen? Danke. Isigusa

 

Hallo,

Im WeB habe ich Folgendes gefunden. Am Ende der Ausführungen auf dieser WeBSeite werden auch die dafür verwendeten Quellen angegeben.

Die ehemalige Ortschaft Nunkas….das Dorf Nunkas, mundartlich "Unkas"…… Die Ortschaft "Nongas" hatte 1542 bereits 6 Anwesen und ein Hirthaus…….

http://www.weber-rudolf.de/nunkas.htm

Dr. Wolfgang Janka von der Universität Regensburg beschreibt den Namen auch (Nunkas wurde als Unkas ausgesprochen) Dr. Wolfgang Janka ist 1965 in Regensburg geboren, hat an der Universität Regensburg West‑/Südslavische Philologie und Ostslavische Philologie studiert

Evtl. kannst Du direkt bei Ihm weitere Infos erhalten:

http://www.uni-regensburg.de/forschung/dialektforum/regensburg/janka/

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Kann in ursprünglich slawischen Ortsnamen der Bestandteil "-gast" auf das slawische Wort "гатъ" = Knüppeldamm/Bohlenweg zurückgeführt werden? Er  würde dann - ähnlich wie z.B. der Ortsnamensbestandteil "-furt" - eine  Besonderheit der Ortslage bezeichnen.

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isigusa schrieb:

Kann in ursprünglich slawischen Ortsnamen der Bestandteil "-gast" auf das slawische Wort "гатъ" = Knüppeldamm/Bohlenweg zurückgeführt werden? Er  würde dann - ähnlich wie z.B. der Ortsnamensbestandteil "-furt" - eine  Besonderheit der Ortslage bezeichnen.

 

Hallo,

diese Frage kann nicht mit ja beantwortet werden. Jeder ON, bzw. seine Etym. sollte im Einzelnen betrachtet werden. 

Denn die Endung –gast (gost/gust/das ursprünglich slawische –o- in Endsilbe erscheint ja "heute" als –a-) kann z.B. auch Hain od. Markt bt..

Auch ist die Ausgangssprache ist v. Bt.. Das von Dir aufgeführte Wort stammt  ja aus der/dem Russischen/Kyrillischen- Sprache/Alphabet. 

Richtig ist das die meisten "heutigen" D.- ON mit der Endung -gast auf eine Salw.- Etym. zurückgehen. Ob man dies jedoch auf alle D.- Sprachigen Länder übertragen werden kann, dies sollte dann eben im Einzelnen betrachtet werden.

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Hallo,

Nunkas liegt in der Nähe eines Kalk-Steinbruchs. Der Ort wird in den frühesten Urkunden als Namegast bezeichnet. Wie plausibel ist es, den Namen als "na mel gwozdz = Hain auf Kalk(boden)" zu deuten?

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isigusa schrieb:

Hallo, Nunkas liegt in der Nähe eines Kalk-Steinbruchs. Der Ort wird in den frühesten Urkunden als Namegast bezeichnet. Wie plausibel ist es, den Namen als "na mel gwozdz = Hain auf Kalk(boden)" zu deuten?

 

 

Hallo,

Dazu besteht ja der ausführliche Link bzw. die darin enthaltenen Ausführungen als da steht:

Nunkas ist nach Schnelbögl (4, Seite 22) ein "genitivischer Ortsname", in dem ein slawischer Personennamen (Hintergrundmelodie!) ??? steckt. Der Wortteil "-reuth" oder "-hof" wurde einfach weggelassen.

Auch nach Griesbach (1, Seite 194) ist der Ort eine uralte wendische Siedlung und wird erstmals 1008 genannt, als er unter Kaiser Heinrich II. (ab 1002 deutscher König, 1014-1024 römischer Kaiser) an das Hochstift Bamberg kam. Nunkas gehörte zum Bamberger Truchsessischen Lehen und wurde um 1100 dem Grafen Friedrich von Hopfenohe übertragen. Als dieser 1119 ohne männlichen Erben starb, fiel auch dieses Dorf an das Hochstift Bamberg zurück. Bischof Otto der Heilige von Bamberg vermachte "Namegast", wie das Dorf in der entsprechenden Urkunde heißt, im gleichen Jahr 1119 dem von ihm gegründeten Benediktinerkloster Michelfeld. Damit unterstand es der Gerichtsbarkeit des Klosters bzw. dessen zuständiger Untervogtei Ebersberg.

Nach Meinung von Experten (z.B. 4, Seite 34) ist mit Namegast in der Gründungsurkunde des Klosters Michelfeld 1119 die Ortschaft Nunkas gemeint. Es könnte aber auch Hamegast heißen, wie ein Vergleich mit den nebenstehenden Orten Hophenahe (Hopfenohe) oder Hagenach (Hagenohe), bzw. in der Zeile darüber Huwenstein (Huwenstein bzw. Gernotestein) zulässt.

Usw..

http://www.weber-rudolf.de/nunkas.htm

Wie plausibel ist es, den Namen als "na mel gwozdz = Hain auf Kalk(boden)" zu deuten?

Mit dieser Frage oder diesem/er Einwand/Idee wendest Du Dich am besten an Rudolf Weber. Dieser Schreibt ja: Für Ergänzungen, Korrekturen usw. bin ich sehr dankbar. Hier können Sie mich erreichen (am Ende der WeBSeite).

Oder eben an Dr. Wolfgang Janka von der Universität Regensburg:

http://www.uni-regensburg.de/forschung/dialektforum/regensburg/janka/

Mir scheint, dass die Etym. des ON bis heute nicht geklärt ist.

Ergänzend noch: Poln. gwóźdź= Nagel, (Metall) Stift. Und es gibt ja auch das poln. Nunka (Nuńka/ Nuniek). Dies vom App., mda nunia= Unschuldsengel. Ob dies jedoch für eine Etym. des On infrage kommt bezweifle ich doch sehr. Das Nunka in Russl. ein weibl. Vorname ist, ist MIR nicht bekannt.

Da es sich jedoch eine Wendische-Siedlung handelt, ist die Etym. des ON, m.M.n, nicht im Russ. zu suchen/finden. Auch liegen mir pers. keine weiteren Kenntnisse betr. der Etym. des ON Nunkas vor. An Deiner Stelle würde ich wirklich mal Kontakt mit Herr W. Janka aufnehmen.

Evtl. besteht die Möglichkeit, dass von Dir erwähnte Buch (Reste des Localsuffixes -as und-ach in deutschen Umbildungen slav. Ortsnamen (»Archiv f. slav. Phil.« II) von Josef Jireček, in eine Bibliothek auszuleihen.

https://de.wikipedia.org/wiki/Josef_Jire%C4%8Dek

Siehe/lese dazu:

http://www.slavistik-portal.de/datenpool/bibslavarb-db.html?data=162&hits=1342&ds=46&title=%E2%80%A0-Joseph-Jire%C4%8Dek

Oder:  Literatur von und über Konstantin Jireček im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek

Literatur von und über Konstantin Jireček im Katalog der Nationalbibliothek der Tschechischen Republik

Literatur von Konstantin Jireček im Katalog der Staatsbibliothek zu Berlin

https://de.wikipedia.org/wiki/Konstantin_Jire%C4%8Dek

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Hallo,

Wolfgang Janka hat den Siedlungsnamen Nunkas in dem Aufsatz „Zur lautlichen und strukturellen Integration von slavischen Orts- und Personennamen in Nordbayern“ behandelt. Ausgehend von den Belegen 1119 (Fälschung 12. Jh. E.) Namegast, 1366-68 Nongast rekonstruiert er die slawische Grundform *Namъgoščь, eine Ableitung mit dem possessivischen Suffix -jь von dem Personennamen *Namъgostъ. Damit ergibt sich die Bedeutung ‚Siedlung des Namъgostъ‘. Im gleichen Aufsatz werden noch weitere Siedlungen mit dem (eingedeutschten) Ortsnamen-Bestandteil -goščь erklärt: Leugas (Lkr. Tirschenreuth), 14. Jh. (zu um 1224) Leubgast aus slaw. *Ľubogoščь, Trebgast (Lkr. Kulmbach), 1028-40 Trebegast aus slaw. *Treb(-)goščь, Seugast (Lkr. Amberg-Sulzbach), 1139 Sugast, um 1285 Seugastmvl aus slaw. *Živogoščь. Der bayernslavische Personenname *Namъgostъ liegt auch dem slawisch-deutschen Mischnamen Nunsting (Lkr. Cham), 1178-85 Nangoztingin zugrunde. Das Erstglied *namъ (Dativ des Personalpronomens my ‚wir‘) ist ausgesprochen selten und erscheint sonst nur noch im alpenslawischen Personennamen *Namъdragъ (945 als Namdrag bezeugt).

Beste Grüße

Ingoslav

http://opac.regesta-imperii.de/lang_de/autoren.php?name=Janka%2C+Wolfgang

https://de.wikipedia.org/wiki/Slawische_Siedlungsnamen_in_Nordostbayern

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Wojciech Ketrzynski geht in seiner Ausarbeitung "Über einstige slawische Orte zwischen Rhein und Elbe, Saale und tschechischer Grenze" anscheinend davon aus, dass Namegast eine "slawifizierte" Form des keltischen Menosgada - Menogasda - Nemogasda darstellt. Ist diese Ansicht belastbar?

Im Gebiet von Nunkas/Namegast siedelten einst Kelten. Der Ortsname Cham ist wohl keltischen Ursprungs. Die als Menosgada angesehene keltische Metropole auf dem Staffelberg ist wohl 50 v.Chr. untergegangen. Es leuchtet deshalb nicht ohne Weiteres ein, dass sie in dem über 150 Jahre später entstandenen "Buch der Geographie" des Claudius Ptholemaeus noch verzeichnet sein sollte.

Kann mir jemand weiterhelfen?

Danke und viele Grüße

Isigusa

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isigusa schrieb:

Wojciech Ketrzynski geht in seiner Ausarbeitung "Über einstige slawische Orte zwischen Rhein und Elbe, Saale und tschechischer Grenze" anscheinend davon aus, dass Namegast eine "slawifizierte" Form des keltischen Menosgada - Menogasda - Nemogasda darstellt. Ist diese Ansicht belastbar? Im Gebiet von Nunkas/Namegast siedelten einst Kelten. Der Ortsname Cham ist wohl keltischen Ursprungs. Die als Menosgada angesehene keltische Metropole auf dem Staffelberg ist wohl 50 v.Chr. untergegangen. Es leuchtet deshalb nicht ohne Weiteres ein, dass sie in dem über 150 Jahre später entstandenen "Buch der Geographie" des Claudius Ptholemaeus noch verzeichnet sein sollte. Kann mir jemand weiterhelfen? Danke und viele GrüßeIsigusa

 

Hallo

WOJCIECH KĘTRZYŃSKI. i gór, które ze wszystkich są najciekawsze i ...... Menosgada, może Menogasda lub Nemogasda = Namegast, miej- scowość ...............

https://archive.org/stream/rozprawy07filogoog/rozprawy07filogoog_djvu.txt

(miejscowość= Ort, Ortschaft u.ä./usw.)

Zu dem von Dir genannten Wojciech Ketrzynski: dieser war Deutscher. Er wurde unter dem Namen Adalbert von Winkler geboren. Im Jahr 18-- änderte er seinen Namen.

http://www.newsweek.pl/historia/skad-nazwa-ketrzyn--czlowiek--ktory-przy...

Regensburger Sprachwissenschaftler erforscht Mundart der:

Btrf. Flurnamenforschung in der Oberpfalz: In diesem Bereich klaffen nämlich große Lücken:  erst von rund  60 % der usw………………….

http://www.heimatforschung-regensburg.de/2170/1/901995_DTL1877.pdf

na mel gwozdz: gwóźdź bt. =Nagel, Metallstift. Wie kommst Du auf Kalk-?

Zu Cham: auf eine Kelt.- Hk. des Namens scheint man zumindest geeinigt zu haben; weniger zur Bt. des Namens.

Zu bedenken gebe ich Dir, dass nicht die Kelten die ersten Siedler in der Oberpflaz waren; das waren die Narisker. Und nach neustem Stand der Forschungen waren die Narisker auf keinen Fall keltischen oder germanischen Ursprungs, sondern venetischen bzw. illyrischen Ursprungs.

Kann mir jemand weiterhelfen?

Evtl. solltest Du, btrf. Kelt., Dir das Buch von Alfred Theophil Holder (1840- 1916) ausleihen. Sein bedeutendstes philologisches Werk war ein historisches Wörterbuch des Keltischen nach antiken schriftlichen Überlieferungen (3 Bände).

http://reader.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb10930326_0...

Ich vertreten die Meinung, dass die Etym./Hk. des ON nicht mit Sicherheit geklärt ist. So wie dies bei sehr vielen ON (und auch anderen) der Fall ist. Auch sollte man bei der Etym. von Namen keine 100% Sicherheit erwarten. Das wäre, auch aus meiner Sicht, "utopisch". Man muss bei der Namens(er)forschung damit leben, dass vers. Etym. in Betracht zu ziehen sind im Sinne von: Man arbeitet als Namensforscher viel mit Wahrscheinlichkeiten, weniger denn mit Sicherheiten.