18.Mär.2005

Bildungsweise und Morphologie

Ortsnamen wurden auf verschiedene Weise gebildet:

  • einfache Namen (sog.Simplizia)
  • Zusammensetzungen bzw. Zusammenrückungen (sog. Komposita)
  • und Ableitungen (sog. Derivata).

Bei den Simplizia sind Ortsnamen durch Konversion normaler Substantive entstanden. Ein Wort wurde zum Namen, so z.B. bei Berg, Aue, Suhl.

Komposita 

...sind nicht nur der jüngere Bildungstyp, sie stellen im Deutschen auch die größte Gruppe dar. Zusammensetzungen bestehen aus einem Grundwort (hinten) und einem Bestimmungswort (vorn). Dabei wird das Grundwort, das meist ein lage- oder siedlungsbezeichnendes Substantiv enthält, durch das Bestimmungswort näher erläutert. Einige Typische Grundwörter finden Sie hier.

Im Bestimmungswort wurden gern Personennamen verwendet, und so z.B. Ortsnamen wie Klausdorf, Hermannsfelde, Gerhardtshofen, Vollmershain oder Hilgertshausen hervorbringen. Die echten Ortsnamen auf "-leben" gehören ebenfalls zu diesen Zusammensetzungen. Sie haben im Bestimmungswort immer einen Personennamen. Das Grundwort "-leben" trat ursprünglich als "-leve" auf und läßt sich mit "das Erbe, die Hinterlassenschaft" übersetzen. (Es ist an das englische "to leave" - "hinterlassen" anzuschließen.) Der Personenname steht für gewöhnlich im Genitiv. So läßt sich etwa Aschersleben auf "Ascar-s leve" zurückführen - die Hinterlassenschaft des Ascar.

Besonders produktiv (und wahrscheinlich deshalb dort entstanden) war dieser Typ der Ortsnamenbildung im Raum Madgeburg / Braunschweig. Dort wimmelt es nur so von -leben-Namen: Ottersleben, Wanzleben, Wolmirsleben, Gernsleben und und und. Weitere Ortsnamen auf -leben entstanden später, weil dieser Typ so populär war, dass er als typisches Ortsnamengrundwort verstanden wurde. Diese Ortsnamen weisen häufig keinen Genitiv mehr auf, teilweise auch keine Personennamen.

Eine Sonderform sind in dieser Gruppe die Zusammenrückungen (die aus einem Syntagma entstanden, z.B. Schauinsland).

Derivate

In Derivata kann fast alles Ableitungsbasis sein, z.B. Personennamen. Vertreter dieses Typs sind z.B. Ortsnamen auf –ing(en) und -ungen z.B. Sigmaringen, Meiningen.

Die Endung "-ingen" wurde vormals verwendet, um eine Gruppe zu kennzeichnen. In Zugehörigkeit zu einer Person wurde deren Personenname vorangestellt. Die Leute des Sigimar waren etwa die "Sigmaringa", und als Ortsangabe "bei den Leuten des Sigmar" entstand Sigmaringen. Dieser Typ der Ortsnamenbildung war bis ins achte Jahrhundert selbstständig produktiv. Die verwendeten altdeutschen Personennamen sind heute größtenteils nicht mehr geläufig. Spätere Ortsnamen auf -ingen wurden analog zu diesem Typ gebildet. Sie weisen häufig aber keinen Personennamen mehr auf.