Rheinland

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Hallo,

vor Zeiten kam Heinrich Dittmaier zur Auffassung, etliche rheinische Namen seien nicht germanisch. Woher sie stammen, konnte er nicht klären.  sie ähneln aber osteuropäischen Formen.

Hat jemand eine andere Lösung?

 Wenn man polaki der germanischen Lautverschiebung unterwirft, erhält man falahi, die Falen. Dieses Volk gibt es erst seit der Völkerwanderung. Aus den in diesem Bereich zu findenden Dialektwörtern und geografischen Namen schließe ich, dass diese Zuwanderer eine dem Polnischen ähnliche Sprache gesprochen haben.

Die deutsche Indogermanistik lehnt eine solche Sicht der Dinge ab. Diese Namen sind uralt, vorgermanisch. Eine Ähnlichkeit mit slawischen Formen ist nicht zu bestreiten.

Hier einige Beispiele:

Die atlantische Stechpalme Ilex heißt hier Hülsenbusch. Sie ist kein Hülsenfrüchtler. Der Name ist wohl zu erklären mit kolec, Dorn, Stachel.

Stromberg in Westfalen ist kein "Berg am Strom". Es liegt weitab aller größeren Flüsse. Dort findet sich die einzige Höhenburg im sonst ebenen Westfalen.

Stromberg im Rheinland: Dieser Ortsname taucht häufig im Zusammenhang mit alten Fliehburgen aus der Völkerwanderungszeit auf.

Ein Stromberg mit Fliehburg liegt in der Eifel, einer an der Sieg, auch der Petersberg bei Bonn  hieß Stromberg. Ein Stromberg mit Burgen liegt bei Bingen.

Auch in Schwaben findet man einen langgestreckten Stromberg zwischen Rhein und Neckar.

Sollte man in Stromberg stromy wierzch: steile Höhe hören?

Dieses stromy ist wohl urverwandt mit unserem stramm.

Es gibt noch viele eigenartige Namen, die sich eher mit slawischen als mit germanischen Formen erklären lassen:

Kahler Asten ost(r)ina Spitze

Baarbach waric´ sprudeln    Balve bala (baltisch) Sumpf

Belecke 938 baduliki (wodalechwo: Lager am Wasser) 

Binolen (Balve) piana Schaum Bumecke buchac´ strömen

Diemel russ. tina Schlamm

Eder itti russ. gehen,  Ennepe: gehäuft die -apa-Namen

Ferndorf, Varrentrap, waria,cy sprudelnd;Fretter prud Strom

Finnentrop piena,cy schäumend

Flape (Kirchhundem) plawic´ schwimmen

Garbeck gorzki bitter

Henne, Hönne (hun Moder germanisch) gonic´ jagen

Ihne (hona sorb. Fluren)

Kersmecke, Kierspe, kierowac´ wenden?

Lenne lec´ fließen   Letmathe (la,ka Wiese)

Lörmecke lac´ gießen

Marpe Morawa (Sumpf)

Mathmicke, Maumke mokry nass

Möhne, mijac´ vorbeieilen

Neger nies´c´ eilen  Netphen(nesti, eilen)

Pasel (Palsole) pasac´ weiden?

Pirsbach parac´ sorb. tändeln

Pön , Phankopf : puna, Anhöhe baltisch

Range(Warstein) ra,czy rasch, Ruhr row Graben

Salwey Salz?

Siesel Sitz? Sorpe, sauer?

Uchtenberg, Ostenberg, ostry spitz?

Verse waric´ sprudeln Veischede wjez´c´ fahren

Volme, walic´ strömen (Volmannia)

Wenne, Wäschebach, Wester wjez´c´ fahren

Wilzenberg wielki groß

Wupper Wipper (ueip schlängeln)

Züschen tlusty fett

Namen auf -apa, sehr häufig: Ol-apa wird zu Olpe, dies entspricht wohl dem polnischen Olawa.

Ist Warszawa ein altes Warsapa, was dem deutschen Wersbach entspricht?

Sind Warszawa, Maskawa (Posen), Widawa (Weide, Oberschlesien), Olawa , Stobrawa, Raba, Ropa, Huczwa, Skawa, Bukowa, Wirowa  -apa-Namen aus der alten Heimat der Ostgermanen?

Hömel ähnelt Gomel, es bedeutet offensichtlich Hügel.

Kevelar, Heinsberg-Kievelberg, Gevelsberg, Kevlavik (Island), Kevele (Lettland)

Im Osten Kavelmoor, Deutsch Gabel, aber auch schon in Gummersbach: zum Kabel:

Sorbisch chablac : wanken, schwanken, unsicher sein.Dies sind Moororte, die durch das unsichere Moor geschützt sind. Hat hier das Sorbische ein altes, Germanen, Slaven und Balten gemeinsames Wort am Leben gehalten?

Namen auf -mert sind sehr häufig. Der Dialekt wandelt viele Namen in -mert-Namen um. Gummersbach wird zu Chummerscht, Plettenberg zu Plettmert, Bantenberg zu Bangemert. Mert ähnelt Mörtel. Es bedeutet wohl weicher Boden für den Ackerbau.

Bommert, Faulmert (Wiehl), Dankelmert,  Gasmert (Berg), Homert (Berg), Hespert, Hostert (Berg), Hülstert, Hützemert, Gasmert, Gostert, Himmelmert, Ingemert, Kiesbert, Lüdespert,Nümmert (Berg), Schmallert, Sinspert, Stottmert.

In Polen finden sich Sandomierz, Skalbmierz , wohl ehemals Skalkmierz? nordöstlich von Krakau, Ksiezomierz  südwestlich  Lublin: Fürstengrund ? Lesmierz nördlich Lodz, Budomierz (Galizien)

Ist Sandomierz ein ostgermanisches Sandemert, also sandiger Boden?

Skalbmierz wäre dann felsiger Boden.

Naklo (westlich Bromberg) auch in Oberschlesien, Naglowice östlich Czestochowa

ähneln Nöckel, Nochen, Nocken, Nacken

nachileny, nahly  (sorbisch) schräg, also an einem Hang gelegen.

In Gummersbach gibt es auch die Flur zwischen den Nachen.

Ist unser Nacken der letzte Rest dieser Wortfamilie im Deutschen?

Die Pader in Paderborn, Puderbach, Borbeck hieß früher Poderbecke, Im Pader Buchen: ein Abhang mit Quellen in einem Buchenwald: padac, fallen??

Pielhoff, Pielenhöhlen, das Pielchen muss nach Dittmaier einen Streifen Feldes bedeuten. Peile ist im modernen Litauisch das Haumesser, pielnik im Polnischen die Hacke. Könnte auch polje das Gerodete bedeuten? polje wird im Germanischen zu fala, falada das Feld.

Die Wasserscheiden heißen hier die Waar, Warendorf an der Warenbecke: waric sprudeln, kochen. Was gekocht hat ist warm, der letzte Rest dieser Wortfamilie im Deutschen?Wegrow östlich  Warschau ähnelt Wigrow bei Hilchenbach: wihorowy stürmisch?Solche eigenartigen Namen, die Heinrich Dittmaier als undeutbar bezeichnet hat , gibt es hier noch viele. Es handelt sich häufig um kleine Orte mit schlechter Überlieferung. Diese Namen sind aber typisch für dieses Bergland. Es ist überliefert, dass ostgermanische Vandalen gemeinsam mit den Franken das römische Rheinland gestürmt haben.Es waren wohl die Hunnen, die alle Völker in Bewegung brachten. Sie mussten entweder für die Hunnen kämpfen wie die Ostgoten, oder vor ihnen fliehen, wie die Westgoten.

Das Problem ist, dass die Römer nur bis 400 schriftliche Aufzeichnungen hinterlassen haben. Die Franken schrieben erst ab 500. Das 5. Jahrhundert ist hier also Vorgeschichte. Genau in diese Zeit fällt der Hunnensturm. Ab der späten römischen Kaiserzeit wurden die Bergischen Wälder gerodet. Hier gab es noch freien Raum zur Siedlung, also tauchen hier diese eigenartigen Namen auf.

Im 5. Jahrhundert hat sich im Rheinland die ostgermanische Kultur durchgesetzt.

Danach findet man in den fränkischen Gräbern nur nach ostgermanischer Art gefertigten Schmuck, was als Modeströmung interpretiert wird.

Franken und Sachsen hatten wohl erst durch die Zuwanderung genügend Krieger, um Gallien und Britannien zu stürmen.

Mit diesen Ostgermanen sind wohl viele Slawen gekommen, oder sollte man Ostgermanen mit Slawen gleichsetzen?

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rosi schrieb:

Hallo, vor Zeiten kam Heinrich Dittmaier zur Auffassung, etliche rheinische Namen seien nicht germanisch. Woher sie stammen, konnte er nicht klären.  sie ähneln aber osteuropäischen Formen

 

 

Hallo

Woher sie stammen, konnte er nicht klären.  sie ähneln aber osteuropäischen Formen.

Eine Ähnlichkeit mit slawischen Formen ist nicht zu bestreiten.

Meist bleibt es bei Deinen Ausführungen bei der Bez. Ähnlichkeiten. Und eine andere, z.B. Kelt.- Etym., scheint Dir auch nicht genehm, bzw. erwähnens wert zu sein.

Ortsnamen die sich sehr stark gleichen gibt es sehr viele: in der CH gibt es den ON ZÜrich. In Friesland den ON ZUrich. Die Etym. ist jedoch unters………doch eine Ähnlichkeit ist nicht zu bestreiten………

Trotzdem bewundere ich Deinen "Mut" bzw. Aufgeschlossenheit für solchen Lösungsansätzen!

Auch handelt es sich dabei um Deine persönliche" Schlussfolgerung", und die sind reine Spekulation, die nicht auf  Aussagen von Dittmeier o.A. beruhen.

Die deutsche Indogermanistik lehnt eine solche Sicht der Dinge ab. Diese Namen sind uralt, vorgermanisch.

Auch diese Aussage ist nicht korrekt. Man beachte dazu die z.B. Ausführungen von Eichler (Slawische Ortsnamen zwischen Saale und Neisse) u.v.a..

 

Sehr viele ON im Reihnland haben ja eine "Kelt".- Etym.

Die Forschungsergebnisse  von H. Ditttmeier (sowie auch der Anderen)  beruhen nicht "nur" auf seinen Eigenen. Auch Dittmeier nahm dazu weitere (andere/ ältere) Bücher  zu Hilfe, wie z.B. dasjenige von Hubert oder Christmann, so wie dies die meisten Namenforscher tun bzw. getan hatten. Seien es nun "Dt." od. "Slaw.."

H. Dittmeier (u.A.) ist in der Erforschung von RH.- ON-, Hofnamen, Flurnamen, Rufnamen usw., jedoch sehr gewissenhaft, professionell  und differenziert vorgegangen. Er hat sich dabei nicht auf irgendwelche Mutmassungen oder Spekulationen verlassen.

Die atlantische Stechpalme Ilex heißt hier Hülsenbusch. Sie ist kein Hülsenfrüchtler. Der Name ist wohl zu erklären mit kolec, Dorn, Stachel.

Diese Aussage stimmt auch nicht. Denn dabei handelt es sich um sogenannte Trivialnamen. Und dazu kann man nachlesen (KOPIE) Trivialnamen sind Bezeichnungen für Dinge, die nicht der offiziellen Systematik entsprechen, wie sie in dem zugeordneten wissenschaftlichen Fachgebiet existieren. Trivialnamen und Ortsnamen Regional existieren viele Trivialnamen für diese Art. In Deutschland ist etwa Hülse, Hulstbaum gebräuchlich, in der Eifel und im Hunsrück auch Walddistel. In Österreich wird die Pflanze auch als Stechlaub (Vorarlberg), Schralab, Schradl oder Schradlbam (Ober- und Niederösterreich) bezeichnet. In Teilen Altbayerns wird die Pflanze auch als Wàxlàwà bezeichnet.

Die Orte Hülsede, Hüls, Hüllhorst, Hülsenbusch, Hülscheid oder der Geburtsort von Annette von Droste-Hülshoff verdanken der Hülse ihren Namen. Die Stadt Hüllhorst führt den Ilex offiziell als Kennzeichen (Jugendcafé Ilex, Ilex-Halle usw.). Auch der Name des wohl berühmtesten Stadtteils von Los Angeles, Hollywood, geht auf die Stechpalme zurück (engl: holly).

Oder Hülsenbusch ist nicht = Hülsenbusch.

Hupert op dem Huylseberge

http://www.dorf-huelsenbusch.de/index.php?page=geschichte

http://www.stlambertus-stromberg.de/index.php/geschichte

Hömel ähnelt Gomel, es bedeutet offensichtlich Hügel.

Hömel z.B. = aus hoh= hoch und buhil= Berg oder Hügel

Auch neigst Du zu "Wiederholungen" zu  Deiner  pers. Sicht der Dinge,  Deinen pers. Theorien.

http://www.onomastik.com/deutsche-sprache.php

Unter folgendem Link kann man sich zu und über RH.- Ortsnamen (u.v.M.) informieren.

LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte: Ortsnamen,  alte Sprachen und Dialekte, usw..

http://www.rheinische-landeskunde.lvr.de/de/sprache/namen/ortsnamen/deta...

Und unter Literatur sind folgende Bücher verz.:

Dittmaier, Heinrich: Siedlungsnamen und Siedlungsgeschichte des Bergischen Landes.  Neustadt an der Aisch 1956.

Dittmaier, Heinrich: Zum Wortschatz der rheinischen Umgangssprache. In: Westfälische Zeitschrift  für Volkskunde4/1957, S. 79 108.

Dittmaier, Heinrich: Rheinische Flurnamenstudien. In: Rheinische Vierteljahrsblätter  23/1958 (RVJBl), S. 107 127.

Dittmaier, Heinrich: Rheinische Flurnamen (unter Mitarbeit von P. Melchers mit einem Vorwort „Geschichte des Rheinischen Flurnamenarchivs“ von Adolf Bach), Bonn 1963.

Dittmaier, Heinrich: Aus der Werkstatt eines Historischen Rheinisch Westfälischen bei und Familiennamenbuches. In: Niederrheinisches Jahrbuch 1976/XII: Albert Steeger Stipendium des Landschaftsverbandes Rheinland. Hrsg. v. Verein Linker Niederrhein in  Krefeld, Krefeld 1976, S. 104 105.

Frings, Theodor: Germania Romana (Mitteldeutsche Studien 2), Halle/Saale 1932.

Rheinisches Wörterbuch. Bearb. von Josef Müller unter Mitwirkung von Matthias Zender und Heinrich Dittmaier. Hrsg. von Josef Müller u.a., 9 Bände Bonn/Berlin 1928 71.

Vogelfänger, Tobias: Nordrheinische Flurnamen und digitale Sprachgeographie. Sprachliche Vielfalt in räumlicher Verbreitung. (Rheinisches Archiv 155)  Köln/Weimar/Wien 2010

http://www.rheinische-landeskunde.lvr.de/media/ilr/sprache/namen/bendpes...

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Lieber Tarzius,

vielen Dank für die ausführliche Antwort. Zu den apa-Namen finde ich, sie haben sich während er Völkerwanderung mit den Franken verbreitet bis ins heutige Belgien und die Niederlande.

(u.A. Manfred Niemeyer, Deutsches Ortsnamenbuch)

Viele Grüße

Rosi