12.Mai.2007

Von: Kleines Wörtchen, großer Name?

Polnischer Adel

„Meine Familie heißt/hieß von xyz. Gehören wir zum alten Adel?“ So oder so ähnlich wird immer wieder gefragt, auch hier im Forum. Deutet ein "von" im Namen also tatsächlich auf eine adlige Herkunft hin?

Vor dem 16. Jahrhundert war "von" selten ein Schmuckstück des Adels. Vielmehr war es Teil des natürlichen Gesprächs, aus dem Namen entstanden.

Fragen wie "Woher kommst du?" wurden mit "von Leibzig" oder "von der Höh" beantwortet. Entsprechend wurden Personen als "Johannes von Leibzig" oder "Hinrich von der Höh" in den Urkunden fixiert. Auch Familien, die Grundbesitz besaßen – Grundbesitz war im Mittelalter ein Privileg der Adelsschicht - gaben diesen über das Wörtchen "von" an, z. B. "von Habsburg" für die Hausherren der Hab(icht)sburg.

Diese verschiedenen Verwendungsweisen des Wörtchens "von" beeinflussen seine Beständigkeit. Beim Adel ging die Präposition "von" ausnahmslos an die Nachkommen über, da die Beziehung zwischen Familie und Örtlichkeit – mit dem Namen wurde in der Regel auch das Gut weitervererbt – bestehen blieb. Im Bürgertum erfolgten häufiger Tapetenwechsel. So konnte "von" mit der Vererbung des Namens an die nächsten Generationen ausfallen: aus "von Leibzig" wurde "Leipzig" oder "Leipziger", "von der Höh" entwickelte sich zu "Hö(c)her" oder "Höhmann". Nur in einigen Regionen des deutschen Sprachraums, im Nordwesten mit Anschluss an die Niederlande und im Südwesten, blieben die kleinen Namenwörtchen beim Bürgertum relativ stabil und sind bis heute Teil des Familiennamens. Erst mit dem allmählichen Verschwinden der Präposition im größten Teil des Bürgertums konnte sich die Funktion des Wörtchens "von" vom reinen Namenbildungsmittel zum Prädikat des Adels verschieben. Dies geschah erst etwa im 17. Jahrhundert.

Durch diesen Funktionswandel, der uns heute noch blendet, wuchs in der Neuzeit eine zweite Gruppe von Adelsnamen heran. Adelsstand erwarb man nämlich nicht allein durch die Vererbung blauen Blutes (= Uradel). Auch aufgrund besonderer Verdienste konnten bürgerliche Familien bis ins 20. Jahrhundert hinein durch einen Adelsbrief oder ein Adelsdiplom in die Noblesse erhoben werden (= Briefadel). Diese neu erworbene elitäre Stellung trug man auch namentlich nach außen: der bürgerliche Nachname wurde durch das schillernde Anhängsel "von" aufgepeppt, etwa "von Goethe", "von Humboldt" und "von Heinz". Da "von" hier nicht immer einen Örtlichkeitsnamen nachziehen muss, sind diese von-Namen leicht als Auswüchse des Briefadels zu enttarnen.

Judith Schwanke