9.Okt.2013

Ergebnisse des Vornamen-Experiments (07-13)

Vornamen-Experiment

Über die letzten Jahre waren Sie aufgerufen, am Vornamen-Experiment teilzunehmen. Es galt, aufzuzeigen, wie Namen wahrgenommen werden und welche Assoziationen sie wecken. Uns interessierte besonders, ob sich Tendenzen erkennen lassen: Gibt es Muster in Namen, die auf besonders ausgeprägte Charakteristika der Namenträger hinweisen, Sportlichkeit, Intelligenz, Wohlstand etwa? (Hier die Vorgeschichte.)

Über die letzten Jahre waren Sie aufgerufen, am Vornamen-Experiment teilzunehmen. Es galt, aufzuzeigen, wie Namen wahrgenommen werden und welche Assoziationen sie wecken. Uns interessierte besonders, ob sich Tendenzen erkennen lassen: Gibt es Muster in Namen, die auf besonders ausgeprägte Charakteristika der Namenträger hinweisen, Sportlichkeit, Intelligenz, Wohlstand etwa? (Hier die Vorgeschichte.)

Mit nunmehr über 500.000 Stimmen ist es an der Zeit, die Ergebnisse auszuwerten. Alle Namen mit 50 und mehr Stimmen sind in die Auswertung eingeflossen - zum heutigen Stand sind das 1.677 Namen.

Und, gibt es diese Tendenzen?
Die Antwort auf Basis der Ergebnisse ist ein klares "Ja".
In mehreren Bereichen sind Assoziationen zwischen dem Namen selbst und vermeintlichen Charakteristika der Träger sehr deutlich ausgeprägt. Einige davon werden wir nun beleuchten.

Diese Ergebnisse charakterisieren NICHT EINZELNE PERSONEN. Vielmehr zeigen sie, welche Assoziationen ein Querschnitt der Sprachnutzer mit bestimmten Namen verbindet.

Wohlklang des Namen und Attraktivität des Trägers

Dass Wohlklang durch offene Silben bedingt ist, war zu vermuten.
Als besonders wohlkingend wurden tatsächlich vokalreiche Namen, die offenen Silben aufweisen, bewertet (Amélie, Elias, Sofia, Emilia, Noah...). Dabei unterscheiden sich wohlklingende weibliche Namen jedoch auffallend von wohlkingenden männlichen Namen. Während erstere sehr häufig ein tragendes <i> aufweisen, sind es eher die dunklen Vokale <a> und <o> die einem männlichen Namen zusätzliche Attraktivität verleihen. Besonders auffallend: ein auslautendes <o> wie etwas bei Alesandro, Orlando, Angelo ist ein Zeichen für Wohlklang.
Kurze, geschlossene Silben in Namen scheinen eher das Rezept für nicht-wohlklingende Namen zu sein: Dörte, Adloff, Uthman, Bertrud u.a.

Korrelationen zwischen dem Wohlklang des Namen und Attraktivität des Trägers traten teilweise auf.
Nur bei wenigen männlichen Namen war diese Korrelation offensichtlich, dann allerdings sehr deutlich: Alessandro, Alejandro, Orlando, Christiano, Liam, Paolo u.a. gelten sowohl als sehr wohlklingend, als auch als sehr attraktiv.
Zwar sind deutlich mehr weibliche Namen in beiden Gruppen vertreten, dort sind deren jeweiligen Positionen allerdings weniger koherent. Amélie, Isabella, Lily, Violet, Liana, Juliana, Lilli, Catherine, Felicia, Sofia, Sofie, Emilia, Lucia etwa werden sowohl als wohlkingend, als auch als attraktiv bewertet.

Ebenso gibt es deutliche Überschneidungen im Bereich der nicht-wohlkingenden Namen zu den nicht-attraktiven Namenträgern (Dörte, Berthilde, Dietleib...). Doch auch hier finden sich etliche Namen, die nicht in beiden Gruppen auftreten.

Daher ist davon auszugehen, dass es keinen durchgehenden kausalen Zusammenhang zwischen der Bewertung eines Namens als "wohlkingend" und der Bewertung des Trägers als "attraktiv" gibt.
 

Erfolgreiche Namen (Wohlstand und Intelligenz)

Wenn man die Assoziationspaare zum Wohlstand (arm/reich) und zur Intelligenz als Indikatoren für “Erfolg" heranzieht, dann gibt es ganz klar ein Rezept für “erfolgreiche Namen”.

Als “intelligent” gelten v.a. Namenträger, deren Namen griechische oder lateinische Wurzeln haben, bzw. latinisiert und latinisiert wirkende Formen oder gräzisierte Formen sind.

Die Gruppe der wohlhabenden Namen ist deutlich von “Vorbildern” geprägt, Namen, deren Träger als wohlhabend bekannt sind oder waren. Besonders Namen, die mit Königshäusern in Verbindung stehen, treten hier in Erscheinung.

Ebenso zeigen die Ergebnisse auch, dass es Namengruppen gibt, die als “nicht erfolgreich”(also nicht intelligent und arm) eingeschätzt werden. Darunter finden sich die “üblichen Verdächtigen” (Kevin und Jacqueline, sowie Mandy, Nancy und Peggy, aber auch Ronny und Detlef). Auffallend ist leider auch, dass Namen, die auf Träger mit Mirgationshintergrund hinweisen, von Vorurteilen belastet sind. Denn auch diese sind deutlich in beiden Gruppen vertreten.

 

Junge, lustige, freche Namen

Die Wahrnehmung des Alters anhand des Vornamens ist klar durch Namenmoden geprägt. Liegt die Hoch-Zeit eines Namens bereits länger zurück (sehr deutlich bei Namen mit -traud/-trude, -bert, -hart beispielsweise), wird der Namenträger als alt empfunden. Wurde ein Name erst kürzlich populär (Finn/Fynn, Leon, Leonie, Chiara …), gilt der Träger als jung. “Zeitlose Namen” (Christian, Anna, Thomas, Maria ...) sind dementsprechend weniger stark in eine Richtung konnotiert.

Zwei weitere Aspekte sind bei “jungen” Namen sehr deutlich:

  1. Es sind häufig sehr kurze Namen.
  2. Namen, die auf <i(e)> oder <y> auslauten werden mit geringem Alter verbunden

Spannend ist, dass beide Aspekte auch ein Indikator für solche Namen zu sein scheinen, hinter denen man einen lustigen Menschen erwartet (Mickey, Charly, Tommi ..., Lilli, Hanni, Babsi ...)

Im Assoziationspaar lieb/frech trifft dies für die “frechen” Namen ebenso zu. Träger, deren Namen kurz sind und auf <i>/<y> auslauten, werden als “frech” empfunden.

Anzumerken ist, dass weibliche Namen in wesentlich geringerem Maße als “frech” charakterisiert wurden. Vielmehr dominieren weibliche Namen die Liste der “lieben” Name. Variationen von Rose oder/und Maria sind dort auffallend.

Sportliche Namen

Zwei Dinge fallen bei Namen, die als besonders sportlich empfunden werden, sofort auf:

  1. Die männlichen Namen werden angeführt von Vorbildnamen, also Namen, deren Träger bekannt für ihre sportlichen Erfolge sind (Christiano, Rinaldo, Vladimir, Miroslav...).
  2. Sind es keine Namen von (zumindest mir offensichtlichen) Vorbildern, dann sind “sportliche Namen” fast immer sehr kurz (Kay, Jan, Alex, Andy..., Liz, Jane, Nora, Ira...).

Unsportliche Namen hingegen sind tendenziell länger. Vor allem gibt es dort aber deutliche Parallelen zur Liste der Namen, die als “alt” charakterisiert sind.


Das sind einige der Aspekte, die das Vornamen-Experiment aufgezeigt hat. Schauen Sie gern selbst einmal durch die Ergebnisse und finden Sie heraus, ob Sie sich selbst oder Bekannte richtig charakterisiert wiederfinden.
 

Warum werden Namen unterschiedlich bewertet

Die Frage nach dem "Warum" zu beantworten, kann diese Untersuchung zunächst nicht. Wir wollten aufzeigen, welche Namen mit welchen Eigenschaften konnotiert sind.
Dafür, dass einzelne Namen so unterschiedlich bewertet werden, gibt es jedoch Gründe:

  1. Wir verbinden einen Namen beim ersten Hören bereits mit bekanntem Wissen. Unbewusst suchen wir Anknüpfungspunkte zu ähnlichen Namen oder versuchen, ihn anderweitig zu kategorisieren.
  2. Wohl in geringerem Maße formt die Klangsymbolik des Namen unser Bild des Trägers mit.

Landet dann der Name in einer "gedanklichen Schublade", lassen sich Charakteristika von Namenträgern aus ebendieser Schublade darauf anwenden. Die Charaktereigenschaften, die wir damit assoziieren, sind tatsächlich nicht in jeder Schublade die gleichen.

Die Namenvergabe wird durch gesellschaftliche Ströme beeinflusst: Interessen, Bildungsgrad, Massenmedien, Einstellungen... Verschiedene soziale Schichten sind a) in unterschiedlichem Maße und b) durch unterschiedliche Dinge beeinflussbar, so dass bestimmte Namen eher in bestimmten sozialen Schichten anzutreffen sind, als andere. Unbewusst ordnen wir mit dem "Kategorisieren" eines Namens ihn einer oder mehreren soziale Schichten zu.

Im Bereich der Sozioonomastik gab es dazu bislang einige Untersuchungen, die sich für einen tieferen Einstieg empfehlen:

  • Utech, Ute: Rufname und soziale Herkunft. Studien zur schichtenspezifischen Vornamenvergabe in Deutschland (Georg Olms Verlag, 2011)
  • K. S. Shin, Schichtenspezifische Faktoren der Vornamengebung. Empirische Untersuchung der 1961 und 1976 in Heidelberg vergebenen Vornamen (Peter Lang, 1980) 
  • R. Frank, Zur Frage einer schichtenspezifischen Personennamengebung. Namenkundliche Sammlung, Analyse und Motivuntersuchung über den Kreis und die Stadt Bad Segeberg (Karl Wachholtz Verlag, 1977)