7.Jan.2018

Chinesische Namenwelt - Das Namensystem in C ...

Chinesische Namen

Auch im chinesischen Namensystem setzt sich der Name einer Person heute aus dem persönlichen Namen bzw. Vornamen (míngzi, kurz: míng) und dem Familiennamen (xìngshì, kurz: xìng) zusammen. Dennoch unterscheidet sich das System in einigen Punkten vom deutschen.

So ist beispielsweise die Reihenfolge genau andersherum: Anders als in Deutschland steht der Nachname in China in der Regel an erster und der Vorname an zweiter Stelle, eben auch, weil der Familie immer mehr Bedeutung beigemessen wird als dem Individuum. Die folgende Tabelle zeigt charakteristische Namenzusammensetzungen im Chinesischen:

Familienname  Vorname
Zhu  Rong Ji
Ma  Li
Ou Yang  Zhen Zhen

Am häufigsten ist dabei die Variante 1 mit einsilbigem Nachnamen und zweisilbigem Vornamen, am seltensten die Variante 3 mit zweisilbigem Nachnamen und zweisilbigen Vornamen. Die Mehrheit der chinesischen Namen setzt sich entsprechend aus drei Silben zusammen, wobei jede Silbe durch ein Han-Schriftzeichen repräsentiert wird. Der persönliche Name kann wiederum aus dem Generationsnamen und dem eigentlichen einsilbigen Vornamen gebildet werden. Dabei werden beispielsweise für 16, 32 oder auch mehr Generationen im Voraus die Generationsnamen ausgearbeitet und die spezifische Reihenfolge in einem Generationspoem (bāncì lián) festgelegt. Ein bekanntes Beispiel hierfür ist der Name des Begründers des Maoismus Mao Zedong (1893-1976), dessen Brüder genauso wie er über den Generationsnamen Zé erhalten haben:

Máo Zé dōng
Máo Zé tán
Máo Zé min

Chinesische Vornamen

Der Vorname kann aus den Grundelementen des Wortschatzes so gut wie frei gewählt werden. Da in der chinesischen Kultur Namen als einzigartig angesehen, werden die gegebenen Freiheiten hier auch stark genutzt, um über den Vornamen dem gesamten Namen zum einen Bedeutung und zum anderen Individualität zu verleihen. Zudem geben die Eltern gern ihre Wünsche über den Vornamen an das Kind weiter.

Daher trifft man auf dem Land häufig auf Vornamen wie (“reich”) oder Qiáng („stark/machtvoll“), während die Kinder in der Stadt eher Vornamen wie Xué („lernen“) erhalten. Auch positiv besetzte Charaktereigenschaften wie („tugendhaft“), Yǒng (“mutig“) oder („elegant“) werden allgemein sehr gern als Vornamen verwendet. Daneben gelten der Drache sowie der Fèng Huáng, ein dem Phoenix ähnlicher mythologischer Vogel, in China als Glücksbringer, weshalb sehr viele chinesische Kinder Lóng („Drache“) oder Fèng („Phoenix“) genannt werden. So heißt beispielsweise Jackie Chan für die Chinesen Chéng Lóng. Darüber hinaus werden zum einen immer häufiger westliche Vornamen wie Lina, Lucy oder Jenny gewählt, die mit Han-Schriftzeichen wiedergegeben und dadurch sinisiert werden. 

Woher kommen die chinesischen Nachnamen?

Die chinesischen Nachnamen haben eine lange Geschichte und können bis in die Zeit vor den ersten drei chinesischen Dynastien (Xià, Shāng und Zhōu) vor etwa 2800 Jahren zurückverfolgt werden. Der Legende nach wurde die chinesischen Nachnamen vom ersten chinesischen Urkaiser Fú Xī (2852-2737? v. Chr.) eingeführt, um die Familien zu unterscheiden und zu verhindern, dass zwei Menschen mit gleichen Nachnamen heirateten (sogenannte Exogamie). Seit Kaiser Fú Xī bis zur Zhōu Dynastie (ca. 1045 bis 770 v. Chr.) wurden zwei Kategorien von Nachnamen verwendet, auf die die heutigen Nachnamen größtenteils zurückgeführt werden können. Die erste Kategorie wurde als shì (Geschlechtsname) bezeichnet. Dieser ist von einem Lehnsgut, Staat oder Titel abgeleitet, das/der vom Kaiser, König oder Fürsten verliehen wurde.

Die andere Kategorie wurde xìng (Clanname) genannt und bezeichnete die ursprünglichen chinesischen Adelsgeschlechter bzw. Clans. Insgesamt wird zumeist von acht großen Xings des alten Chinas ausgegangen: Jiāng, Jī, Yáo, Yíng, Sì, Yún, Guī sowie Rèn (bzw. ). Da die dazugehörigen Han-Schriftzeichen immer ein „nǚ“ (Zeichen für ‚Frau‘) enthalten, nehmen einige Wissenschaftler an, dass diese aus matriarchalen Gesellschaften hervorgegangen sind. Andere Quellen gehen davon aus, dass das „nǚ“ in der Zeit der Shāng Dynastie (1600-1046 v. Chr.) bis zur Zhōu-Dynastie als „Dame von XY“ bzw. „Stamm XY“ verwendet wurde. Darüber hinaus könne das „nǚ“ auch auf die Tatsache hinweisen, dass zumindest zu Beginn am Hofe der Zhōu-Dynastie lediglich Frauen, die in die Zhōu-Familie eingeheiratet haben, mit ihrem Clannamen angesprochen wurden, die Männer dagegen mit ihrem jeweiligen shì-Titel.

Bis zur Qín-Dynastie (221–207 v. Chr.) war China größtenteils eine feudal organisierte Gesellschaft, die aus verschiedenen Staaten bestand. Während der Zhōu-Dynastie verfügten Angehörige des chinesischen Adels über bis zu vier verschiedene Namen (den persönlichen Namen míng, den Clannamen xìng, den Geschlechtsnamen shì und den Größjährigkeitsnamen/Hofnamen zì, den Männer bei Volljährigkeit in Ableitung und als Ersatz für den Vornamen erhielten bzw. sich selber gaben) sowie über bis zu zwei Titel (den Standardtitel jué, Ritter, Marquis, Fürst usw., und den ggf. posthum vergebenen Titel shì). Die namensgebenden Lehnsgüter wurden unter den Nachkommen des jeweiligen Lehnsherrn immer wieder aufgeteilt, sodass immer mehr Geschlechtsnamen (shì) zur Unterscheidung geschaffen wurden. Nachdem die Staaten Chinas unter Qín Shǐ huáng dì, dem Begründer der Qín-Dynastie und des chinesischen Kaiserreiches, vereint wurden, wurden Nachnamen auch für nichtadlige Klassen gebräuchlich haben sich schließlich bis zur späten Hàn-Dynastie (1./2. Jh. v. Chr.) durchgesetzt. Dabei wurden in erster Linie die míng und xìng als Nachnamen übernommen. Zudem verschwamm sukzessiv der Unterschied zwischen xìng und shì. Heute sind bis auf die Familiennamen Jiāng und Yáo die ursprünglichen xìng als Clannamen verschwunden und wurden durch die ursprünglichen Geschlechtsnamen shì ersetzt. Generell ist eine Übernahme eines jeden der genannten Namenskomponenten als Nachname möglich. Diese können wiederum je nach Quelle auf etwa 18 bis 24 mögliche Ursprünge zurückgeführt werden. Die folgenden Beispiele sind die am häufigsten anzutreffenden Ursprünge chinesischer Namen:

1. Herkunft: Viele Adlige und auch Nichtadlige haben den Namen des Staates, Feudalgebiets oder Herkunftsregion übernommen, in dem sie lebten, um ihre nationale bzw. ethnische Zugehörigkeit zu signalisieren. Beispiele sind unter anderem Jiāng, Huáng, Qín und . Zudem wurden auch Städtenamen oder Dorfnamen übernommen. Ein bekanntes Beispiel für einen Städtenamen ist hier der Nachname von Máo Zé dōng.

2. Patronyme: Übernahme des Namens eines Vorfahrens (häufig des Ehrentitels) wie Fāng

3. Übernahme offizieller Amtstitel oder Standesbezeichnungen wie Shǐ (Historiker) oder Jiàn (Berater)

4. Übernahme von Adelstiteln wie Huáng (‚Kaiser‘), Wáng (‚König‘) oder Hóu (‚Marquis‘).

5. Übernahme der Bezeichnungen von ethnischen oder religiösen Gruppierungen: (‚Barbaren, nicht-Han-Völker‘), Jīn (die aus Sibirien stammenden ‚Jurchen‘), Mǎn (‚Mandschu‘), (Dí-Völker in Nordchina während der Zhōu-Dynastie) oder Huí (‚Hui-Chinesen‘). Viele der Huí-Muslime haben auch den Nachnamen übernommen. Dieser ähnelt zum einen klanglich ‚Mohammad‘, zum anderen bedeutet er ‚Pferd‘, was denjenigen, die hauptsächlich in Karawanen lebten, entgegenkam.

6. Übernahme des Nachnamens oder Generationsnamens einer berühmten Persönlichkeit wie Yáo resp.

7. Berufsbezeichnungen wie Fischer (), Zauberer () und (Metzger).

8. Innerhalb der Familie verwendete Anrede für beispielsweise den ‚jüngeren Bruder‘ oder die ‚jüngere Schwester‘ wie Mèng

9. Namen, die von Regenten als Strafe für „böse“ Taten gegeben wurden: (Giftschlange) oder Xiāo (Eule, gilt in China als schlechtes Omen)

Die häufigsten chinesischen Nachnamen

Was den Deutschen ihr Müller/Schmidt ist, ist den Chinesen ihr König. Insgesamt existieren um die 8000 Familiennamen, von welchen allerdings lediglich 200 bis 300 verbreiteter sind. Die häufigsten fünf Familiennamen sind gemäß dem Ministerium für öffentliche Sicherheit (2008):

1. Wáng (‚König‘; Einige Vorfahren der Wangs waren Nachfahren der kaiserlichen Familien der Shang- und Zhou-Dynastie; abgeleitet ist dies von ‚wángjiā‘ für „kaiserliche Familie“, spätere Generationen nutzten dann später ‚Wáng‘ als Familienname; Nichtadlige können den Nachnamen ebenfalls übernommen haben, da es zur Kaiserzeit üblich war, dass die Nachnamen der Kaiser von den Untergebenen im Rahmen einer Beförderung übernommen wurden; heute (2008) haben etwa 7,25 Prozent der chinesischen Bevölkerung diesen Nachnamen)

Beispiele:
Wáng Zhì zhì/Wang Zhizhi (1977-), ehemaliger Basketballspieler;
Wáng Shuò/Wang Shuo (1958-), chinesischer Autor, Regisseur und Schauspieler

2. (‚Pflaume‘; Nachname der Kaiser der Táng-Dynastie; 7,19 Prozent der chinesischen Bevölkerung)

Beispiele:
Lǐ Yàn hóng/Robin Li (1968-), Gründer und CEO des Internetunternehmens Baidu

3. Zhāng (‘anspannen’, geht möglicherweise auf die Berufsbezeichnung ‚Bogenmacher‘ oder den Erfinder des Bogens zurück; das alte Han-Schriftzeichen für Zhāng ähnelt entsprechend auch einem Mann, der gerade seinen Bogen aufzieht; 6,83 Prozent der chinesischen Bevölkerung trägt diesen Nachnamen)

Beispiele:
Zhāng Yí níng/Zhang Yining (1981-), Tischtennisspielerin und Gewinnerin der olympischen Goldmedaille

4. Liú (‘töten, zerstören’; Nachname der Kaiser der Hàn-Dynastie; ca. 20 Mio. Chinesen verfügen über diesen Nachnamen)

Beispiele:
Liú Xiáng/Liu Xiang (1983-), Hürdenläufer und Gewinner der olympischen Goldmedaille 2004
Liú Xiǎo bō/Liu Xiaobo (1955-), Schriftsteller und Menschrechtler, Friedensnobelpreisträger 2010

5. Chén (ehemaliger Feudalstaat im 7. bis 5. Jahrhundert v. Chr. auf dem heutigen Gebiet der Provinz Henan; etwa 20 Mio. Chinesen tragen diesen Nachnamen)

Beispiele:
Chén Chōng/Joan Chen (1961-), amerikanische Schauspielerin mit chinesischen Wurzeln
Chén Měi/Vanessa-Mae (1978-), in Singapur geborene britische Violinistin

Was passiert nach der Heirat?

Die Frauen behalten in China in aller Regel ihren Geburtsnamen nach der Heirat. In einigen Fällen, wenn eine Region wie beispielsweise Hongkong oder Macau stärker westlich beeinflusst ist, stellen die Frauen den Nachnamen ihres Mannes auch vor den eigenen Nachnamen, sodass ein Doppelname entsteht. Dieser wird allerdings nicht wie im Deutschen mit einem Bindestrich verbunden wird. So heißt beispielsweise die ehemalige Vorsitzende der Verwaltung Hongkong Anson Chan mit ihrem chinesischen Namen *Chan Fong On-sung, wobei Fong ihr Mädchenname und Chan der Nachname ihres Mannes ist.

Weitergabe des Familiennamens an die Kinder

Wenngleich nach heutigen Namensrecht der VR China rein rechtlich die Eltern entscheiden, welcher Familienname an die Kinder weitergegeben wird, erhalten die Kinder zumeist den Nachnamen des Vaters. Die Wahl kann zudem zu jedem Zeitpunkt gewechselt werden. Auch vom Kind selbst, was oftmals nach einer Scheidung geschieht, wenn das Kind beispielsweise bei der Mutter aufwächst (Übernahme des mütterlichen Nachnamens). Im Falle einer Adoption erhält das adoptierte Kind in der Regel den Nachnamen des Adoptivvaters.

Da die 200 bis 300 gebräuchlichsten Nachnamen bei der Größe der chinesischen Bevölkerung vergleichsweise häufig vorkommen (in China gibt es beispielsweise mehr als 300.000 Personen mit dem Namen Zhang Wei) soll zukünftig die Kombination der Nachnamen beider Eltern ermöglicht werden.

Beispiel:
Heißt beispielsweise der Vater Zhou und die Mutter Zhu mit Nachnamen sollen folgende Kombinationen möglich sein: Zhou, Zhu, Zhouzhu oder Zhuzhou.

Dadurch würden laut Li Yuming, einem Mitarbeiter des Bildungsministeriums, etwa 1,28 Mio. neue Nachnamenvarianten möglich. 

Quellen