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Christian40489 schrieb:

@ Tarzius

Danke für Deine Antwort.  Wie  andere auch verweist Du darauf, dass in Komposita das Grundwort vorne, das Bestimmungswort in der Regel hinten steht. Eine abweichende Regel gibt es Deiner Meinung nach nicht.  Meine Frage zielte darauf, ob es denkbar ist, dass Freise das Grundwort und Winkel das Bestimmungswort dieses Kompositums sind. Sozusagen in Abweichung von der Regel und belegbar durch andere Fallbeispiele.

Deine Antwort auf die Frage, ob der Name sich eventuell auch von den zahlreichen Familien Freise ableiten und sozusagen der Zusatz "winkel" später quasi zur Präzisierung dazugekommen sein könnte, lautet:  "Wenn Dein befreundeter Familienforscher dafür einen Nachweis erbringen kann??........" Wie soll ich das verstehen? Ohne Beweis nein, mit Beweis oder Hypothese vielleicht doch? 

Deine Kommentierung der Namensdeutung Freisewinkel von Paul Derks ist nicht korrekt. Du gibst seine Aussage verkürzt und missverständlich wieder. 

Richtig ist, dass Paul Freisewinkel im Bestimmungswort Freise als Wurzel das oberdeutsche "vriesen" sieht, was so viel wie Damm- oder Schlammarbeiter bedeutet. „Im Bestimmungswort klingt die gewerbliche Tätigkeit meiner Vorfahren. … Mit der (unbewiesenen) Tätigkeit des Stauens und Abdämmens von Wasser hängt das Bestimmungswort in Freise, Freyse, Vries zusammen. Man kann es in dieser Hinsicht wohl in Verbindung bringen mit dem Volksstamm der Friesen, dessen Name mit dem Deichbau erklärt wird.“ Diese Deutung ist jedoch falsch, weil im Märkischen Niederdeutsch gesprochen wurde! Das Grundwort Winkel versteht Freisewinkel als „natürliche Winkel in der Landschaft, in deren Quellmulden sich Möglichkeiten zur Anlage menschlicher Siedlungen boten.“

Derks dagegen sieht die Wurzel im Bestimmungswort im nd. "freysen" = frieren, oder "vries" = ungemütlich kalt, frisch, windig, zugig. Im Grundwort sieht er übereinstimmend die Bedeutung „Siedlung in einer Ecke oder in einer abgeschiedenen Gegend“. Derks schreibt: „Der Name einer Flur oder eines Kotten ist bindend zunächst einmal aus einheimischen Verhältnissen und einheimischen Wortgut zu erklären. Erst wenn das auf keine Weise gelingt, so kann man vielleicht auch nach den germanischen Randvölkern als Namensgeber fragen. So ist hier die näher liegende und darum bessere Erklärung die des Frier-Winkels."

Deine Behauptung, Derks sei jedoch nicht in der Lage, andere (eigene) Aussagen zu belegen, ist also falsch.

Hinweisen möchte ich auch darauf, dass die Behauptung von Lippold „Freisewinkel gab es schon um das Jahr 1180 (dritter Kreuzzug)“ unbewiesen und vermutlich falsch ist. Nach heutigem Stand der Familienforschung Freisewinkel ist die älteste urkundliche Erwähnung im Schatzbuch der Mark von 1486: „Ampt van Blankensteyne Sprockhoevell ... Dereck Vryeswinckel 2 Ort [betalt] 1 Ort noch 1 Ort“

 

Christian

 

Hallo,

Wie  andere auch verweist Du darauf, dass in Komposita das Grundwort vorne, das Bestimmungswort in der Regel hinten steht.

Es verhält sich ja umgekehrt: Jedoch besagen dies Aussagen der Forscher ja: In Komposita deutscher Herkunft steht das Grundwort in der Regel hinten, das Bestimmungswort vorne. M.M. ist: keine Regel ohne Ausnahme i.S.v. In der Regel. Dies bt. f. mich= keine Regel ohne Ausnahme.

Wie soll ich das verstehen? Ohne Beweis nein, mit Beweis oder Hypothese vielleicht doch.

Ganz genau.

Deine Kommentierung der Namensdeutung Freisewinkel von Paul Derks ist nicht korrekt.

Ja, ich habe "grob" zitiert. Jedoch kann man den genauen Wortlaut in den bereits schon mal beigefügten Links nachlesen.

Frier-Winkel:

http://sho.rtlink.de/Vryeswinckel

Deine Behauptung, Derks sei jedoch nicht in der Lage, andere (eigene) Aussagen zu belegen, ist also falsch.

So wie ich das "sehe", hat weder der Eine noch der Andere einen urkundlichen Nachweis für seine Aussagen. Somit bleibt es dabei: Eines steht bis heute fest: die Etymol. des Namens ist  nicht mit ("100%") Sicherheit geklärt.

 

 

 

 

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Tarzius,

herzlichen Dank für Deine rasche Klarstellung. Die Etymologie des Wortes ist sicher nicht zu 100% geklärt!

Ich frage ich mich, wie ein urkundlicher Nachweis für eine Wortbedeutung oder einen Namen aussehen soll. Schließlich gibt es ja keine "Geburtsurkunde" für die Entstehung eines Wortes oder Namen. Wie muss in einer Frage, für die es keine direkten Quellen gibt, einen wissenschaftlicher Beweis aussehen? Oder würden Namen- und Sprachforscher weiterhin lediglich von einer Hypothese sprechen?

Als Laie auf diesem Gebiet habe ich angenommen, dass eine Erklärung wie von Derks, die auf vergleichenden sprachhistorischen Analysen beruht, als wissenschaftlich bewiesen gelten würde. 

Vielleicht kannst Du diesen Punkt noch ein wenig erläutern. Das würde mir sicherlich helfen, die Belastbarkeit der Aussagen zu beurteilen: Beweis, Hypothese, These (als wissenschaftlich zu beweisende Behauptung).

Vielen Dank für Deine Unterstützung!

Frohe Ostertage

 

Christian

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Christian40489 schrieb:

Tarzius,

herzlichen Dank für Deine rasche Klarstellung. Die Etymologie des Wortes ist sicher nicht zu 100% geklärt.

Ich frage ich mich, wie ein urkundlicher Nachweis für eine Wortbedeutung oder einen Namen aussehen soll. Schließlich gibt es ja keine "Geburtsurkunde" für die Entstehung eines Wortes oder Namen. Wie muss in einer Frage, für die es keine direkten Quellen gibt, einen wissenschaftlicher Beweis aussehen? Oder würden Namen- und Sprachforscher weiterhin lediglich von einer Hypothese sprechen?

Als Laie auf diesem Gebiet habe ich angenommen, dass eine Erklärung wie von Derks, die auf vergleichenden sprachhistorischen Analysen beruht, als wissenschaftlich bewiesen gelten würde. 

Vielleicht kannst Du diesen Punkt noch ein wenig erläutern. Das würde mir sicherlich helfen, die Belastbarkeit der Aussagen zu beurteilen: Beweis, Hypothese, These (als wissenschaftlich zu beweisende Behauptung).

Vielen Dank für Deine Unterstützung!

Frohe Ostertage

 

Christian

 

Hallo,

Die Etymologie des Wortes ist sicher nicht zu 100% geklärt!

Nicht die Etyml. des Wortes hatte ich gemeint sondern die des Namens.Da ja mindest zwei unters. Meinungen bestehen, was die Bt. des Namens anbelangt.

Ich frage ich mich, wie ein urkundlicher Nachweis für eine Wortbedeutung oder einen Namen aussehen soll.

Ich bin mir durchaus bewusst, dass sowas sehr schwierig ist. Bei ON sieht dies (teilw.) etwas anders aus. Kommt hinzu, dass man sich dabei auch auf alte Karten (Gelände usw.. ),stützen kann. Was ich mit urkundlich Nachweis eigentlich zum Ausdruck bringen wollte ist mehr die Feststellung, dass mir pers. die Angaben vom Hattinger Heimatforscher viel mehr zusagen da er seine Ausführungen (auch) begründet; im Bezug auf das Gelände bzw. der Wohnlage. Derick a. 1486 sei Schmid gewesen und habe gewohnt auf einem Flur, benannt nach einem Winkel, der von den Höhen-Rücken gebildet wurde…………..Es fragt sich woher diese Angaben stammen. Alte Karte? Verz. usw..? Seis  drum.

Aber ich stimme Dir vollkommen zu, dass bei vielen Namen bzw.in diesem Fall einen Fam. Nam, die Etymol. zu 100% nachweisen zu können ist sehr schwiierig (auch ein Grund dafür, weshalb ich die 100% mit Anführungs- und Schlusszeichen versehen hatte) und dafür gibt es ja Sprachhistoriker und Namenforscher, Wb. usw..

Ein befreundeter Familienforscher hat jetzt die Frage aufgeworfen, ob der Name sich eventuell auch von den zahlreichen Familien Freise ableiten und sozusagen der Zusatz "winkel" später quasi zur Präzisierung dazugekommen sein könnte.

Dazu möchte ich noch folgendes erwähnen bzw. klarstellen: zu dieser These kann man nicht mit ja od. nein antworten. Warum?

Die Vert. und Vorkommen des Namens bzw. der Formen  D ("heutige Zeit“) sieht ja wie folgt aus:

Zum Fam. Nam. Freise sind rund 800 Einträge in 185 verschiedenen Landkr. verz..

Zum Namen Freisewinkel verz. G.G. (f. D) rund 60 Einträge in 20 vers. Landkr. verz.. Die Meisten im Ennepe-Ruhr-Kreis (NW), Märkischer Kreis usw..

Friesewinkel= rund 20 Einträge (Landkreis Mettmann (NW).

FrieseNwinkel= einen Eintrag ( Landkreis Mettmann (NW).

Und zum Fam. Nam. Namen VREYS (ohne Winkel o.A.) sind es  rund 10 Einträge (unteranderem auch im Landkr. Mettmann).

So gesehen, könnte man dieser These zumindest mal Beachtung schenken. Doch müsste man für diese Theorie die Verbindung nachweisen können, dass sich der Name von Freise zu Freisewinkel entwickelt hatte. Denn bis dahin zählt noch immer der Nachweis von 1468 in der bereits zusammengesetzten Form. In solcher  Zusammensetzung  sind ja auch Fam. Nam. wie Vreysenbrueck, Vriesenbrueck verz..

http://sho.rtlink.de/Vryeswinckel

Und  a. 1392 ein Diderik Vreysen. Jedoch wird ja ziwschen den beiden Namen unters. was die Bt. anbelangt.

http://sho.rtlink.de/Vryeswinckel

Der Flur- bzw. heut. Strassennamen Im Freisewinkel:

http://www.staedte-info.net/sprockhoevel/im-freisewinkel_572153.php

 Neben dem Landkr. Mettmann befindet sich der Landkr. Soest und da ist a.1419 auch ein Johan dey Vreyse verz.. Urkunde von 1419 bestätigt den Verkauf des Grundstückes von Johan dey Vreyse an Hermann....

.http://www.stefan-enste.de/ExterneDokumente/War.htm

Und diese Angaben stammen vermutlich aus:

http://www.archive.nrw.de/lav/abteilungen/westfalen/bestaende/index.php

Auch erwähnt sei, dass in Holland die Namen Freise, Vrees und Vreese  verz. sind (ohne Winkel o.A.).

Wobei bei diesen Namen auch folgende "Bt." zutreffen könnte: altfries. vris= feuchte Niederungen.

Dr. Volkert F. Faltings schreibt: altfries. were= Landparzelle.

http://www.uni-flensburg.de/?1392&type=1

Hermann Abels hingegen vermutet für "weres" einen Schreib- oder Lesefehler und nimmt eine Friesenkolonie in diesem Ort an.

Eigendlich dachte ich das der Bestandteil Winkel klar die Ecke in der Natur steht (von lippold):

Dazu (winkel) möchte ich noch ein paar Ausführungen von Kluge hinzufügen.

Winkel (8 Jh.)mhd. winkel, ahd. winkil, mndd. winkel, mndl. Winkel. Aus wg.(=westgermanisch) Winkila- m (Winkel) auch in ae. Winkel, afr. winkel. OFFENBAR in gt. Wahista= Ecke. Weitere Herkunft unklar; eine Verbindung zu winken (als Biegung) ist nicht sehr wahrscheinlich. Gemeint ist zunächst die Ecke bei zwei aufeinander stossenden Mauern und der dadurch gebildete (Schlupf/Winkel). Im Niederd. und Niederländischen entwickelt sich über Hausecke, die Bt. Kramerladen. Die Nebenbedt. des im Dunklen stattfindenden weniger seriösen Geschäft findet sich im Winkeladvokat und Winkelschule. (adjektiv winkelig). Auch nndl. winkel.

(Nb. erwähnt: mndl. fries= krauses Wollzeug. Mndl. frise= krauses Tuch).

 Im RH- WB kann man unter friesen z.B. volgendes nachlesen:

Friese -īs, Pl. -zə(n) Ottw-Neunk, Merz-Erbring, Saarl-Hüttersd, Hochwald m.:

1. ein Mann, der die Wassergräben in den Wiesen macht mit dem Friesenbeil ; sein Vorgesetzter ist der ehrenamtliche Friesenmeier oder Friesenmeister. —

Friesen-graben -ē:zəjrā:f Aach m.: alter Wallgraben am Ponttor, jetzige Friesenstrasse.

friesen siehe frieren:

http://woerterbuchnetz.de/RhWB/?sigle=RhWB&mode=Vernetzung&lemid=RF06128

 Flurnamen in Westfalen:

http://www.linguist.de/Deutsch/fln.htm

User offline. Last seen 8 years 16 weeks ago. Offline
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Christian F. Seidler bat mich, folgendes für ihn einzustellen, da er sich (hoffentlich nur vorrübergehend) nicht im Forum einloggen kann.

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Peter Kuhweide und Christian F. Seidler haben eine neue Analyse zur Geschichte des Familiennamen Freisewinkel veröffentlicht. 

An Hand familien-, regional- und sprachgeschichtlicher Sachverhalte belegen sie Ursprung, Entstehung und Entwicklung der Namengruppe Freisewinkel, Fresewinkel, Friesewinkel. Im Rahmen ihrer Recherchen haben sie zwar keine eindeutigen Beweise zur Bedeutung des Namens Freisewinkel gefunden. Jedoch untermauern und differenzieren sie Paul Derks Deutung als 'Frierwinkel' durch eine Art "Indizienkette". Dazu ziehen sie auch die jüngere dialektale Namengeschichte und die topographische und klimatische Situation der Wohnstätte Im Freisewinkel heran. So legen sie plausibel dar, dass die Bedeutung des Namens bei dessen Entstehung tatsächlich mit hoher Wahrscheinlichkeit 'Frierwinkel, Frostloch' gewesen sein muss. Die komplette Analyse findet Ihr auf http://www.familienforschung-freisewinkel.de

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LG

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Hallo zusammen,

der märkische Name Freisewinkel hat es 2019 zu einer Erwähnung auf der Internetseite des LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte gebracht. Die Fachabteilung Sprache folgt der erstmals 2013 von Peter Kuhweide und Christian F. Seidler veröffentlichten onomastischen Untersuchung uneingeschränkt.