KIRCHEIS

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Guten Tag, schon lange rätselt meine Familie welche Bedeutung wohl unser Nachname hat. KIRCHEIS

Besonderst häufig kommt der Name im Erzgebirge vor, eine Gegend in der seit dem 15.Jahrhundert Erz abgebaut wurde und ansonsten recht ländlich geprägt ist.

Gut 1/3 aller Namensträger ist in der Stadt Annaberg (Sachsen) gemeldet.
Gut 2/3 aus der Umgebung von Annaberg

Eure Meinung:
- Ist der Name evtl. klerikalen Ursprunges? Zumindest in meinem Teil der Familie ist davon heute nichts mehr spürbar, noch wären mir Pastoren/Kleriker in der Familie bekannt.

- Eine Tätigkeit die Irgendetwas mit der Kirche zu tun hat? Leichenbestatter in kalten Räumen unter einer Kapelle?

- Sich tatsächlich auf gefrorenes Wasser bezieht, nur bin ich dann bei dem KIRCH ratlos

Ich bedanke mich im Vorraus für evtl. Antworten.

Philipp Kircheis

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Bierkojote wrote:Guten Tag, schon lange rätselt meine Familie welche Bedeutung wohl unser Nachname hat. KIRCHEIS

Eine Tätigkeit die Irgendetwas mit der Kirche zu tun hat?

Ich bedanke mich im Vorraus für evtl. Antworten.

Philipp Kircheis

Hallo,

Kircheis auch Kircheisen:

In Dt.: Es wurden 264 Einträge gefunden und in 96 verschiedenen Landkreisen lokalisiert. Hochgerechnet auf die Gesamtbevölkerung sind etwa 704 Namensträger zu erwarten. Damit tritt der Name normal häufig auf.

(ONOMASTIK= BEDEUTUNG von Namen)

Quote:Eine Tätigkeit die Irgendetwas mit der Kirche zu tun hat?

Dies trifft es "auf den Punkt":

Der Kirchhof war ursprünglich ein ummauerter Raum um die Kirche. Er war Versammlungsort, aber auch Sammelplatz der Bewaffneten. Viele Kirchen, vor allem in Grenznähe, waren ja als Wehrkirchen erbaut. Verfolgte fanden dort Asyl, denn der Kirchenfriede galt auch für den Kirchhof. Darum drängten sich viele Häuser um den Kirchhof. "Am" oder "beim Kirchhof" war eine häufige Adresse, die dann später zum Familiennamen wurde. Etwa 13 000 heißen Kirchhof(f), dazu kommen noch etwa 2700 niederdeutsche Kerckhoff, Kerkhoff und Kerkhof, Kirchhofer und Kirchhöfel. Zum Vergleich: Etwa 1000 Dänen heißen Kierkegaard, das ist etwa derselbe Prozentsatz der Bevölkerung.

Ein ähnlich entstandener Wohnstättenname ist Kirch, auch hier ursprünglich "an der" oder "bei der Kirch". Am häufigsten in dieser Namenfamilie ist aber der Kircher oder Kirchener (etwa 27 000). Heute heißt er Mesner oder Küster. Auch der Kirchmann, niederdeutsch Kerkmann, stand im Dienst der Kirche, ebenso der Kirchmeier, der kirchliche Güter verwaltete. Kircheis(en) - einige haben sich analog zu Schultheiß zu Kirchheiß "verbessert" - war der Schmied, der für die Kirche hämmerte, und der Kirchwehm ackerte auf Kirchenland. Die etwa 100 Leute, die heute Kirch(en)schläger heißen, hatten aber nicht etwa Vorfahren, die kirchenfeindlich waren, sondern sie siedelten auf einer Rodung, die der Kirche gehörte. Zählt man alle Kirch-Namen zusammen, kommt man auf die stattliche Zahl von 240 000. Das sind aber doch nur halb so viele, wie die Müllers ganz allein zusammenbringen.

Quelle: M. Tomsen. (auch Bahlow ist der selben Meinung)

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Danke für die prompte Antwort.

Wenn ich das richtig verstehe spricht also einiges dafür das der Name sich von Kirchheiß, Kircheisen ableitet und sich damit auf das Schmieden für eine Kirche/Pastorei/etc. bezieht.

Nochmals danke.

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Bierkojote wrote:Danke für die prompte Antwort.

Wenn ich das richtig verstehe spricht also einiges dafür das der Name sich von Kirchheiß, Kircheisen ableitet und sich damit auf das Schmieden für eine Kirche/Pastorei/etc. bezieht.

Nochmals danke.

Hallo,

Ja, das ist richtig so: Kircheis auch Kircheisen= war der Schmied (der für- od. im Auftrag der Kirche) der für die Kirche "hämmerte".

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Wird überall so kolportiert, stimmt aber nicht. Ausgangsform ist Kircheisen, das wie viele derartige Namen auch mit der gekürzten und/oder an Eis angelehnten Variante Kircheis vorkommt. Es gibt sogar Kirchheiß und die Schreibung Kircheiß.

Würde es sich um einen für die Kirche arbeitenden Schmied handeln, müsste das Grundwort -eis(en) die Bedeutung ‘Schmied’ haben. Das wäre aber ein Trugschluss. Andere Namen auf -eisen wie Haueis(en), Brech(eisen), Brauneis(en) usw. usf. benennen einen Schmied nur indirekt, metaphorisch, d. h. mittels seiner Tätigkeit (Satzname) oder seines eisernen Werkzeugs oder Produktes, weshalb man in solchen Fällen von einem mittelbaren Berufsnamen oder einem Berufsübernamen (eine Art Spitznamen) spricht. Demzufolge bedeutet -eis(en) eben ‘Eisen’ und Kircheisen muss irgendein Eisen(erzeugnis) sein. Das Bedeutungsproblem verlagert sich damit auf das Erstglied (Bestimmungwort) Kirch-.

Die ältesten Namenbelege führen ins Erzgebirge. Hier haben, wie alte Bergwörterbücher und auch das Deutsche Wörterbuch der Gebr. Grimm unter Kirchel ausweisen, in alten Zeiten die Bergleute die kleinen, kirchturmförmigen Kristalle Kirchel genannt. Man vergleiche Abbildungen von Bergkristall oder Rauchtopas (Bilder im Internet). Demzufolge können entsprechend geschmiedete Eisen(stäbe, stangen, werkzeuge) Kircheisen bzw. Kirch[turm]eisen genannt worden sein, mit Wegfall des Mittelgliedes in einer sog. Klammerform (vgl. Ölzweig statt Ölbaumzweig). Man kommt in der Erklärung des Namens zwar wieder auf einen Schmied, wohl einen sog. Bergschmied, zurück, aber nicht auf einen Schmied der Kirche o. ä. Auch Berufsübername eines mit solchem Kircheisen arbeitenden Bergmannes wäre denkbar. Namen führen uns eben oft auf verdunkelte, heute nicht mehr allbekannte Sachverhalte zurück. Ich hoffe, die Legende vom Schmied, der für die Kirche gearbeitet hat, ist damit erledigt.

Dr. Dr. Volkmar Hellfritzsch, Stollberg/Erzgebirge

User offline. Last seen 1 year 22 weeks ago. Offline
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Louis schrieb:

Wird überall so kolportiert, stimmt aber nicht. Ausgangsform ist Kircheisen, das wie viele derartige Namen auch mit der gekürzten und/oder an Eis angelehnten Variante Kircheis vorkommt. Es gibt sogar Kirchheiß und die Schreibung Kircheiß.

Würde es sich um einen für die Kirche arbeitenden Schmied handeln, müsste das Grundwort -eis(en) die Bedeutung ‘Schmied’ haben. Das wäre aber ein Trugschluss. Andere Namen auf -eisen wie Haueis(en), Brech(eisen), Brauneis(en) usw. usf. benennen einen Schmied nur indirekt, metaphorisch, d. h. mittels seiner Tätigkeit (Satzname) oder seines eisernen Werkzeugs oder Produktes, weshalb man in solchen Fällen von einem mittelbaren Berufsnamen oder einem Berufsübernamen (eine Art Spitznamen) spricht. Demzufolge bedeutet -eis(en) eben ‘Eisen’ und Kircheisen muss irgendein Eisen(erzeugnis) sein. Das Bedeutungsproblem verlagert sich damit auf das Erstglied (Bestimmungwort) Kirch-.

Die ältesten Namenbelege führen ins Erzgebirge. Hier haben, wie alte Bergwörterbücher und auch das Deutsche Wörterbuch der Gebr. Grimm unter Kirchel ausweisen, in alten Zeiten die Bergleute die kleinen, kirchturmförmigen Kristalle Kirchel genannt. Man vergleiche Abbildungen von Bergkristall oder Rauchtopas (Bilder im Internet). Demzufolge können entsprechend geschmiedete Eisen(stäbe, stangen, werkzeuge) Kircheisen bzw. Kirch[turm]eisen genannt worden sein, mit Wegfall des Mittelgliedes in einer sog. Klammerform (vgl. Ölzweig statt Ölbaumzweig). Man kommt in der Erklärung des Namens zwar wieder auf einen Schmied, wohl einen sog. Bergschmied, zurück, aber nicht auf einen Schmied der Kirche o. ä. Auch Berufsübername eines mit solchem Kircheisen arbeitenden Bergmannes wäre denkbar. Namen führen uns eben oft auf verdunkelte, heute nicht mehr allbekannte Sachverhalte zurück. Ich hoffe, die Legende vom Schmied, der für die Kirche gearbeitet hat, ist damit erledigt.

Dr. Dr. Volkmar Hellfritzsch, Stollberg/Erzgebirge

 

 

Hallo,

nun das mit dem "hat sich erledigt" scheint wohl nicht der Fall zu sein. Da Du auch an der Uni Leipzig tätig bist/warst würde evtl. mal ein Gespräch mit Prof. Udolph von Nöten sein. Der ist auch folgender Meinung. (wörtliche Kopie vom 11.03. 2010/ Ndr):

 Kircheis: Telefonteilnehmer: 257

 Der Familiename Kircheis gehört, wie auch die Namen Kircheiss, Kircheiß und Kircheisen, in eine Reihe von Namen, die als indirekte Berufsbezeichnungen für den Schmied zu verstehen sind, da sie auf das mittelhochdeutsche Wort "îsen" im Sinne von "Eisen" zurückzuführen sind. Diese Namen enthalten im ersten Teil den Begriff "Kirch-", der eindeutig von dem mittelhochdeutsche Wort "kirche" in Bedeutung von "Kirchenbau, christliche Kirche, Kirchentum, Gemeinschaft der Gläubigen, Kirchenstelle, Pfarrstelle" stammt. Somit liegt die Vermutung nahe, dass es sich bei dem Familiennamen ursprünglich um eine Bezeichnung für einen Schmied handelte, der im Auftrag der Kirche arbeitete.

 

Mal abgesehen von Prof. gibt es noch weitere Dr. die dieser Meinung sind. Und solange dies sich nicht ändert, zählen deren Meinungen/Aussagen genauso viel wie Deine.

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Hallo,

das mit dem "erledigt" war wohl ein wenig zu rigoros formuliert, dennoch handelt es sich bei den Schmiedenamen auf -eisen primär um (Berufs-)Übernamen des Schmiedes zu irgendeinem eisernen Gegenstand bzw. zu einer auf Eisen gerichteten Tätigkeit (Satznamen). Ich habe nun versucht, die Gestalt eines solchen mit dem Lexem Kirch(e) verbundenen Eisens zu erklären. Dabei erweisen sich Herkunft und Verbreitung im Erzgebirge und damit zum Bergbau als "zielführend". Weitere solche -eisen-Schmiedenamen werden in einem entsprechenden Aufsatz in den Nummern 101/102 der Namenkundlichen Informationen vorgestellt. Ich bin der Meinung, dass sprachlich und sachlich, also ohne Autoritätsbeweise, überzeugend argumentiert wurde.

Beste Grüße

Volkmar Hellfritzsch

P.S.: Mit Prof. Udolph gibt es seit Jahren Gedankenaustausch. Er hat per Mail o. g. Erklärung zugestimmt.

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[quote=]Hallo, das mit dem "erledigt" war wohl ein wenig zu rigoros formuliert, dennoch handelt es sich bei den Schmiedenamen auf -eisen primär um (Berufs-)Übernamen des Schmiedes zu irgendeinem eisernen Gegenstand bzw. zu einer auf Eisen gerichteten Tätigkeit (Satznamen). Ich habe nun versucht, die Gestalt eines solchen mit dem Lexem Kirch(e) verbundenen Eisens zu erklären. Dabei erweisen sich Herkunft und Verbreitung im Erzgebirge und damit zum Bergbau als "zielführend". Weitere solche -eisen-Schmiedenamen werden in einem entsprechenden Aufsatz in den Nummern 101/102 der Namenkundlichen Informationen vorgestellt. Ich bin der Meinung, dass sprachlich und sachlich, also ohne Autoritätsbeweise, überzeugend argumentiert wurde. Beste Grüße Volkmar Hellfritzsch P.S.: Mit Prof. Udolph gibt es seit Jahren Gedankenaustausch. Er hat per Mail o. g. Erklärung zugestimmt.[quote]

 

 

Hallo,

das mit dem "erledigt" war wohl ein wenig zu rigoros formuliert,

Dies trifft absolut zu. Aus diesem Grund auch meine Reaktion darauf.

Deine Aussagen nehmen wir hier in diesem Forum, selbstverständlich auch ohne Autoritätsbeweise, sehr gerne zur Kenntnis und bedanken uns dafür.

Du hattest ausgeführt:

Die ältesten Namenbelege führen ins Erzgebirge. Hier haben, wie alte Bergwörterbücher und auch das Deutsche Wörterbuch der Gebr. Grimm unter Kirchel ausweisen, in alten Zeiten die Bergleute die kleinen, kirchturmförmigen Kristalle Kirchel genannt.

Dazu und nur der Vollständigkeit halber die Kopie aus dem G.W.B:

kirchel, n.( kirchlein, s. d.); bergleute nennen kirchel die kirchthurmförmigen zacken an krystallen, s. das Chemnitzer bergwerkslexicon.

So kann man dies auch im Bergwerkslexikon nachlesen: Kirchel: die grossen Kristallzacken, weil sie wie Kirchthürme gebildet sind…..

http://sho.rtlink.de/Kirchel

Dies bt., die Zacken an den Kristallen, da kirchturmförmig, wurden von den Bergleuten, als Kirchel bez. und nicht der, die Kristalle.

Auch trifft es zu, dass ca. ab dem 10 Jh. die Schmiede f. die Kirchen tätig waren: Ab etwa dem 10. Jahrhundert prägte die Kunstschmiedetechnik bereits in hohem Masse Architektur und Gewerbe. Und so nutzte auch die Kirche sehr schnell die Dienste der neuen Technik für Türen, Tore, Truhen, Fenstergitter und Leuchter.

http://www.alteneder.de/geschichte.html

Den Beruf des Bergschmied gab es. Seine Aufgabe war es (Lexikon): Die Bergschmiede dient zum neu Schmieden, Schärfen und Härten der stumpf geworden Bergeisen (Gezähe) nach jeder Schicht. Auch andere Schmiedearbeiten wurden dort ausgeführt. Der Bergschmied hatte seine Schmiede, in der das Gezähe des Bergmanns hergestellt und instandgesetzt wurde, auf dem Grubengelände. Er arbeitete selbständig wirtschaftend auf Vertragsbasis mit den Gruben gemäss der bergamtlichen Schmiedetaxe.

Gezäh: Arbeitsgerät des Bergmanns. Zum Gezäh zählen etwa 5 0 verschiedene Werk­zeugformen, vor allem Schlägel und Eisen, Bohrer, Fäustel, Spitz-, Breit- und Keilhaue und Kratze. Gezäh wird auch das Arbeits­gerät der Schmelzer in den Hütten ge­nannt.

Doch "seis drum".

Mit Prof. Udolph gibt es seit Jahren Gedankenaustausch. Er hat per Mail o. g. Erklärung zugestimmt.

Dazu die Mitteilung v. Prof. Udolph per Mail (auf eine Anfrage von mir) Zitat: Dr. Hellfritzsch kennt sich bestens aus mit den Namen im Erzgebirge usw. Sie dürfen seiner Deutung folgen. Zitat Ende.

Nochmals Danke für Ihre Aussagen/Angaben zu Fam. Nam. Kircheis u.ä..

Gruss

Tarzius